Sehr geehrte Teilnehmer*innen der Fachtagung „Demokratie für alle – aber wie?“,
ich heiße Sie im Namen des Vorstands des AWO Bundesverbandes herzlich Willkommen zur Online-Fachtagung „Demokratie für alle – aber wie? Soziale Gerechtigkeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ am heutigen Internationalen Tag der Demokratie. Die große Resonanz mit mehr als 150 Anmeldungen zur heutigen Tagung zeigt: Es gibt vor dem Hintergrund der derzeitigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen einen großen Bedarf über die Gefährdung von Demokratie vor dem Hintergrund zunehmender sozialer Ungleichheit und über Handlungsmöglichkeiten der AWO in den Austausch zu kommen.
Wir möchten daher im Rahmen der Tagung Raum für Impulse und Austausch zu diesem Themenschwerpunkt bieten, insbesondere, weil sowohl die Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit, als auch das Eintreten für demokratische Werte Gründungsanliegen der AWO sind. Dies hat auch heute noch eine wesentliche Bedeutung für unsere Arbeit und zeigt sich auch in unseren Grundwerten, in denen neben Toleranz, Freiheit, Solidarität auch Gerechtigkeit und Gleichheit eine zentrale Rolle spielen.
Soziale Ungleichheit führt nicht nur dazu, dass Menschen von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden, sondern stellt auch eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie dar. Der Bielefelder Konfliktforscher und Soziologe Wilhelm Heitmeyer hat vor wenigen Tagen in einem Interview zugespitzt formuliert: „Ungleichheit zerstört Gesellschaften“.
Seit der Corona Pandemie hat sich die soziale Ungleichheit unter anderem mit Blick auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen deutlich verschärft. Die in Folge des Krieges in der Ukraine steigenden Energiepreise und die Inflation führen nun in weiten Teilen der Gesellschaft zu Sorgen vor wachsender Armut und Ungleichheit. Für Teile der Gesellschaft ist die Teilhabe an materiellen und kulturellen Gütern nicht mehr gesichert. Aus diesen Schieflagen und Sorgen entstehen Konflikte, die zu einer Polarisierung in der Bevölkerung führen können und die sich beispielsweise darin äußern, dass Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft oder der sozialen und/oder ökonomischen Lage diskriminiert, angefeindet und angegriffen werden und sich menschenverachtende Einstellungen verbreiten. Auch Vertrauensverluste in Politik, Wissenschaft und Medien sind Folgen zunehmender sozialer Ungerechtigkeit. Hinzu kommt die Vereinnahmung des Themas durch rechte Akteure, die Ängste schüren, gesellschaftliche Spaltungen vorantreiben und die tatsächlichen Gründe für soziale Ungleichheit ignorieren.
Der heutige Internationale Tag der Demokratie bietet die Möglichkeit, einen geschärften Blick auf diese aktuelle Herausforderungen und Angriffe auf unsere Demokratie zu werfen. Der im Jahr 2007 von den Vereinten Nationen eingeführte Internationale Tag der Demokratie soll daran erinnern, dass Demokratie nur dann gut funktioniert, wenn viele Menschen sich immer wieder für sie einsetzen. Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich, sie muss verteidigt und für sie muss gearbeitet werden.
Genau das tun auch die „Zusammenhalt durch Teilhabe“ Projekte in der AWO, die zur heutigen Online-Fachtagung einladen und mit wichtigen Impulsen Diskussionen im Verband anregen wollen. Die Projekte werden im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ durch das Bundesministerium des Innern gefördert Wir bedanken uns herzlich bei der Regiestelle des Programms bei der Bundeszentrale für Politische Bildung für die Ermöglichung dieser Arbeit und der heutigen Tagung.
Die aktuell sieben Projekte auf Ebene der Landes- und Bezirksverbände und der AWO Bundesverbande setzen sich mit ihrer Arbeit dafür ein, Kompetenzen im Umgang mit Diskriminierung und die demokratische Praxis im Verband zu stärken sowie für alle Formen von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu sensibilisieren. Dies erfolgt über verschiedene Bildungsformate, Multiplikator*innen-Ausbildungen, Beratungsangebote und Kampagnen.
Unter dem Leitmotiv „Gemeinsam Demokratie stärken“ vernetzen sich die Projekte unter Federführung des AWO Bundesverbandes, um das Wissen über gute Praxis im Verband zu verbreiten und Demokratiestärkung als Querschnittsaufgabe in allen Handlungsfeldern zu verankern. Sie werden die Arbeit der Projekte und die Mitarbeiter*innen im Laufe des heutigen Tages näher kennenlernen können.
Im Laufe der Tagung werden Sie die Möglichkeit haben sich über Impulse zum Thema soziale Ungleichheit und Demokratiegefährdung auszutauschen, Ihre Fragen und Beobachtungen einzubringen und zu teilen sowie neue Perspektiven und Akteur*innen in der AWO kennenzulernen.
Mit der digitalen Fachtagung wollen wir uns heute mit den aktuellen Entwicklungen und den Ansätzen sowie Möglichkeiten der AWO beschäftigen, um – wie in unserem Grundsatzprogramm verankert – Ungleichheiten zu überwinden, soziale Gerechtigkeit zu schaffen und allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Tagung und hoffe, Sie nehmen viele Impulse für Ihre eigene Arbeit mit, um die gegenwärtigen Probleme und Herausforderungen besser bewältigen zu können.